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Sächsisches Kameramuseum
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Hüttig AG – Vom Handwerk zur industriellen Kameraproduktion

Posted on 16. April 202524. April 2025

Die Hüttig AG war ein bedeutender Kamerahersteller in Dresden und spielte eine zentrale Rolle in der Entwicklung der deutschen Fotoindustrie. Besonders bemerkenswert ist der Wandel des Unternehmens von einer handwerklichen Werkstatt zur industriellen Massenfertigung, der exemplarisch für die gesamte Branche steht.

Die Anfänge: Von der Tischlerei zur Kamera-Manufaktur

Richard Hüttig, ursprünglich Tischler, begann seine Karriere in Berlin, wo er 1862 eine eigene Werkstatt für fotografische Apparate eröffnete. In dieser Zeit war die Kameraproduktion stark handwerklich geprägt: Jede Kamera wurde individuell gefertigt, oft als Einzelstück oder in sehr kleinen Serien. Hüttigs handwerkliches Geschick und sein Verständnis für Holzverarbeitung ermöglichten es ihm, präzise und langlebige Kameragehäuse herzustellen, die schnell gefragt waren.

Aufgrund der wachsenden Konkurrenz in Berlin entschied er sich 1887, nach Dresden zu ziehen. Dort gründete er die „Kunsttischlerei photographischer Apparate Richard Hüttig & Sohn“ und begann mit der Serienproduktion von Kameras. Bereits 1891 war Hüttig der größte Kamerahersteller in Dresden. Mit dem Umzug nach Dresden begann sich die Produktion schrittweise zu verändern: Erste Mechanisierungen wurden eingeführt, um den steigenden Bedarf an Kameras zu decken.

Expansion und der Übergang zur Industrialisierung

1896 verlegte das Unternehmen seinen Sitz an die Schandauer Straße 76 in Dresden-Striesen und begann mit der Erweiterung der Produktionskapazitäten. In dieser Phase fand der entscheidende Wandel von der reinen Manufaktur zur industriellen Fertigung statt. Entscheidende Neuerungen waren:

Modularisierte Bauweise: Statt jede Kamera als Einzelstück zu fertigen, wurden standardisierte Bauteile verwendet, die in größeren Mengen produziert wurden.

Einsatz von Maschinen: Mechanische Holzbearbeitung ermöglichte eine schnellere und präzisere Produktion von Kameragehäusen.

Arbeitsteilung: Die Produktion wurde in mehrere Arbeitsschritte unterteilt, wodurch die Effizienz gesteigert wurde.

Innovation in der Technik: Mit der „Zeus-Spiegel-Kamera“ brachte Hüttig 1896 die erste einäugige Spiegelreflexkamera aus Dresdner Produktion auf den Markt.

Diese Entwicklungen führten dazu, dass Hüttig 1897 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Dies war ein klares Zeichen für die wirtschaftliche Transformation: Statt eines handwerklichen Betriebs war Hüttig nun ein modernes Industrieunternehmen, das sich durch Innovation und Massenfertigung auszeichnete.

Bedeutende Kameramodelle der Hüttig AG

Hüttig brachte eine Vielzahl von Kameramodellen auf den Markt, die anfangs ausschließlich für professionelle Fotografen gefertigt wurden. Zügig wurde die Produktpalette um Amateurkameras erweitert. In diesem Segment hatte sich bereits der Dresdener Mitbewerber Emil Wünsche einen Namen gemacht. Die Modell- und Variantenvielfalt war zu Beginn des 20. Jahrhundert bei Hüttig auf ein kaum mehr zu überblickendes Maß angewachsen (über 90 Grundmodelle mit über 400 Varianten). Neben Fotoapparaten fertigte das Werk auch Filmkameras. Zu den bekanntesten Produkten der Hüttig AG gehören:

Hüttig Detective Camera (1893): Eine frühe handliche Kamera, die durch ihr diskretes Design und einfache Bedienung bestach.

Zeus-Spiegel-Kamera (1896): Die erste einäugige Spiegelreflexkamera aus Dresdner Produktion, die einen präzisen Blick durch das Aufnahmeobjektiv ermöglichte. Die Weiterentwicklung als Modell II im Jahr 1897 erlaubte zudem den Wechsel des Objektivs.

Tropen-Kameras (um 1900): Speziell für den Einsatz in feuchtwarmen Klimazonen entwickelt, mit besonders widerstandsfähigem Material.

Hüttig Klappkamera (1904): Eine kompakte, zusammenklappbare Kamera, die das Reisen erleichterte und sich als beliebtes Modell durchsetzte.

Hüttig Spiegel-Reflex-Künstler-Kamera (1906): Die Spiegelreflexkameras für die professionelle Fotografie galten als im internationalen Vergleich technisch führend und wurden nach der Fusion als Ica Künstler-Reflex fortgeführt.

Herausforderungen und Fusion

Trotz des Erfolgs geriet die Hüttig AG in unternehmerische Schwierigkeiten. Die zu breite Produktpalette, verbunden mit finanziellen Unregelmäßigkeiten, führte 1909 zur Fusion mit mehreren anderen Dresdner Kameraherstellern zur Internationalen Camera Actiengesellschaft (ICA). Dies markierte das Ende der Hüttig AG als eigenständiges Unternehmen, aber auch den Beginn einer noch effizienteren Industrialisierung der Kameraproduktion.

Vermächtnis

Die Hüttig AG legte mit ihren Innovationen und ihrer industriellen Produktionsweise den Grundstein für die spätere Entwicklung der Dresdner Fotoindustrie. Die Fusion zur ICA und die daraus resultierende Weiterentwicklung führten letztlich zur Gründung der Zeiss Ikon AG im Jahr 1926, die den Ruf Dresdens als Zentrum des Kamerabaus weiter festigte. Der Übergang von handwerklicher Fertigung zur industriellen Produktion, den Hüttig vollzogen hatte, wurde zum Vorbild für die gesamte Branche und prägte die Kameraherstellung nachhaltig.

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